Skurrile Lyrik

 
 

Die Obstschale

Obstschale, rund und schön

Du Klare, Sonnengetragene

mit blauem Rand.

Ich sah dich still dort steh`n.

Der Zauber deiner zarten Glasur

schien meiner Seele verwandt

und jetzt, da sah ich den Schatten an der Wand

von der Tüte, der blöden,

braunen,

gefüllt mit Bananen, Trauben,

dicken Pfirsichen, frechen Äpfeln

 

Da hört` ich ein Raunen.

Nun, Sie staunen?

Wollen`s gar nicht glauben?

Doch, doch: Es war der Schale leises Weh.

 

Und dann der Krach, als Obst und Gefrücht

aus der Tüte vom Tisch,

raus und gekullert

und dann drapiert

sich auf der Schale türmten.

Dies dumme Volk kicherte,

drängelte und schubste da herum,

eine Traube fiel auch gleich über den Rand –

Ich seufzte tief und sagte: „Ach!“

 

Mensch, bedenke wohl:

Die Schale blieb auf ihrer Stelle,

das Obst verschwand jedoch.

 

 

Hof, Land und Leben

Schau, Stiefel, groß, hat Loch!

Mault die Kuh,

der Knecht sagt: „Doch!“

 

Roh, Stroh, nur zu!

Der Haufe quillt

Die Achsen dreh`n sich

Schwitzt der Bauer

holt die Schürze,

schüttet Milch jetzt in die Kanne.

 

Schwein schreit

Katze kommt rein

Geht wieder

Mäuse nicht zu sehen.

 

Pferd frißt.

Knecht mault,

Bauer tritt

Rad bricht

Magd schreit,

fällt, Weib, über

Wald und Wiesen,

abends

ein friedlicher Mond.

 

 

Der Mahagonytiplitz

Ein Mahagonytiplitz hat eine hübsche Figur, unterm Schnabel glatt anliegende Federn, hochgestelzte Beine, und ansonsten ist alles recht flüschig gehalten.

Wenn er den Schnabel auftut macht es „Zäck-zäck“. Sagt er nichts, so blinken seine Äuglein dafür um so munterer. Man nannte ihn auch schon „Schnabel-Schäck“, weil er so keck wirkt mit dem Schnabel und den Äuglein, und man sagt auch, er schäkere damit.

So steht er oft an Gartenzäunen, während Heinz und Hilde über den Kohl gebückt, oder abends friedlich im Sonnenschein so weiter eigentlich nichts dachten.

Diese gespannt-gewitzte Haltung des Tiplitz mit Schmitz und Schalk, ganz achtsam auf Figur bedacht! Vorne glänzt bei ihm die Oberfläche, der Rest ist leicht und sorglos angebracht.

Ich kenne keinen, der über den Tiplitz etwas Rechtes zu sagen wüßte. Keiner hat es so gern, wenn das Tier an seinem Garten steht, keiner traut sich laut zu fragen, verschwindet lieber, geht ins Haus. Manch einer fühlt sich ausgelacht, das weiß ich wohl aus engsten Kreisen. Die meisten aber schweigen, schon aus Vorsicht, was der Nachbar sagt.

Keck und lachend steht der Tiplitz an so manchem Gartenzaun. Macht nichts weiter als nur so zu gucken und erst Stunden später fortzufliegen. „Mahagony“ ist das Edle, das mit diesem Wort noch angeschmückt, streckt sich jeder doch zur Decke, wenn er dieses Tier erblickt.

 

 

Liese kleine

dumm und dreiste

war die Feinste

hier im Städtchen

 

Kam der Karli

mit dem Kettchen

brachte später

auch ein Bettchen

 

Fertig war das Leibgericht

für die Spatzen an dem Tisch.

 

 
 
 

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Et Trudi Blomenkamp

Und schon geht`s los…

Et Trudi Blomenkamp war so`n klein Schlamp

aber eigentlich ganz nett

met her Blomenschramp in de Hand

Denn the war bei de Kanallers

wo se immer ordentlich ballers

und für jeden Schuß gibt es

Rosen aus knautschigem Papier.

 

Und uns Jüllie ist auch ein Augstein,

ich meine, sie fällt so rein, direkt

in`s Aug`

 

Und Plamberg, der mag die Blomenkamp

ja echt: der sagt immer Blo-me-kamp

und meint die Trudi, die sich über das fehlende

„N“ ärgert.

 

Da fehlt mir so a richtig die Energie in dem Wort,

sacht se dann immer.

Jeder ist halt anders komisch.

Die Latschen von der Trudi sind auch nicht mehr

die neuesten

aber wen interessiert das schon

 

Breitmaul (ich glaube, der heißt Horst)

kam gestern auch vorbei.

Wenn der das hörte

würd` der wahrscheinlich von all die wegbleiben.

Ich bin selbst jahrelang Kran gefahren

hab den Kran gelenkt

Und da hab` ich oft über alles

mit den Geschicken und so mir meine Gedanken

gemacht.

Aber gebracht hat das nichts.

Es bleibt dabei:

Jeden Sommer schwitzt man in der Hitze.

 

Eigentlich wollt` ich noch von der Jellinek,

aber ich hab` mir heut` morgen derart den

Bart verschnitten

Da ist mir doch gleich mal wieder alles übergekocht.

Wie`s auch sei:

Der Haushalt ist mir oft einerlei

Man hat ja Kontakte

die machen nichts her

und hin und wieder `nen Schnaps

ja, eigentlich war es das.

 

 

Holger mold over de Sand

Holger mold over de Sand

und verstand überhaupt nicht

wovon die anderen redeten.

Hi mold over de Sand

end kannt überhaupt net

de allgemeine Verstandheit

mit begreifen

obwohl er beim Laufen

einiges hört

mit offenen Augen und

hängenden Armen,

verdurt damit,

ze beliefen.

 

Aber bald schon

ein Engel wird kommen und sprechen

wie Diesen:

Welkomen im Flur

van Aroma, dem Pergaseus

von einstens Athene!

 

 

Der Reußenkönig

Pomp und feist saß der Reußenkönig auf seinem Stuhl, dem mitgebrachten, dem selbstgeschnitzten.

Reußenkönig war ein Plaunz von König wo kein andres dran reichte. Er hatte als Kind schon den Habe-Mann gespielt, immer nur wollte er den Habe-Mann spielen und ein jeder sagte: Das ist ein Habe-Mann, der wird ein Reußenkönig.

Und was er dann für einer geworden ist! In seinem Haus ist nichts, was nicht aus alter Schwemmeiche wäre, salzgelaugtes, von weither angetriebenes Eichenholz, an die Seeufer gespült, gebleicht und reißfest durchgetrocknet.

Er sitzt, wenn er sitzt, draußen vor seinem Haus, das wirkt. Sein Kinn gleicht einer Seemeile, ausufernd und sehr bestimmt. Seine Frau steht manchmal daneben. Keiner fragt sie. Denn es ist allen klar wer hier das Sagen hat. Dabei sagt er gar nichts! Reußenkönige sagen nichts.

Ist es Abend geworden, so hat seine Frau schon das Bett gemacht in einer der vielen Stunden. Man hört noch wie er schluckt und spuckt, danach ist alles eben.

Reußenkönige in der Nacht können sich nicht mehr erheben. Auf ihnen lastet eine ganze Nacht, das Schwarze, der Himmerl, die Nacht.

 

 

Wissen Sie ich bin ein emotio

Wissen Sie,

ich bin ein emotio,

ein emo zio, zoo naaler,

nationaler sponsaler

moment ementhalber

vehent maler

verdreht aber

bleib ich stecken wo ich war.

 

Nochmal:

emoto, tio, wo bin ich?

Moment mal, ah, nah

an all das hab` ich auch gedacht

woher, wie weit, sieh doch mal:

die Emotielle, Effektschnelle, in Affenzelle wo sie war.

E-mo ! rief sie,

E-mo !

 

Mot war alles um sie, mot.

to mod, um emotional zu sein.

da half nur schrei`n und leer sein

l e r und k ü n –

horch, wie es knistert

künt ein Motiv sein

so nal, so mo

am Ende

aller emo, tio, naler !

 

 

Hier handelt es sich um ein Gedicht mit Gewicht

Hier handelt es sich um ein Gedicht mit Gewicht

Da ist was dran,

seh`n Sie nur die stämmigen Beine

und die Speckeinlagen an den Seiten:

Jeder Reim ist eine Tonne schwer

und der Inhalt kommt beherzt

auf geradem Wege auf dich zu.

Sofort stehen dir alle Haare zu Berge

Das nenn ich einen Effekt,

der von großer Spannung zeugt

Und Kloben heißen hier die Füße,

Verskloben, daß die Erde dröhnt.

Wer fühlt sich da erdrückt?

Der ist ein Schwächling nur und geh` nachhause.

 

Das Ausmaß aller Zeiten

hat sich geballt

in großem Anfangswort.

Kein Atem reicht

zum Ende einer Zeile

dazwischen will gelebt

und auserkoren sein.

Viele stemmen nur an einem einz`gen Wort

Armeen retteten ein „e“, das sonst verloren ging.

Es ist die Kraft, der Inhalt und Gewicht,

daß man an allem fast zerbricht

und selten bis zum Ende findet

wo doch den Starken dann belohnt

ein Schlußwort, dort , von solcher Wucht und Massigkeit

daß erdumschlungen

man allein zum Himmel reist.

 

 

Langbein hatte sich quergestellt

Langbein hatte sich quergestellt,

den Schnabel gen Osten gewandt,

das Haar gepudert,

ein Aug` nach Nord, das andere nach Süd.

 

Er döste, dieser Adler der Stradivaren,

sein Kampfgeist war lang erloschen.

Er glich einem alten Gartenzaun.

Er aber sah sich größer.

 

Verletzt sah er aus

aber irgendwie großartig,

träumte

und hörte noch das Rauschen

seiner gewaltigen Flügel,

deren Spannweite einmal alles übertraf.

 

Nun hing er in den Seilen,

hatte sich dort zu einer großartigen Pose verfangen.

Er fühlte die Stärke seines Widerstandes

in dieser seltsamen Verstrickung

Ein Ärgernis war er allemal.

Man umging ihn weiträumig.

Man hätte die Seile zerschneiden müssen.

 

 

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