Einleitungstext (Rede) zu Aufführung „Bilder eines Sommers“

27. September 2015, im Gemeinschaftshaus des Riwetho e.V. Oberhausen

 

Liebe Gäste,

Sie haben sich die Zeit genommen hier her zu kommen, haben sich interessieren lassen (ich möchte an dieser Stelle die vielen Gespräche zum Thema mit vielen Menschen erwähnen). Und wir haben hier im Gemeinschaftshaus des Riwetho-Vereines die Möglichkeit, immer wieder Aufführungen anzubieten, die uns am Herzen liegen. Dank also auch an das Ehepaar Hansen vor Ort, die sich auch interessieren ließen für unsere Ideen. Nichts ist selbstverständlich und manches nur mit besonderer Mühe dem Alltag abzuringen.

So ist auch dieses künstlerische Projekt nur Schritt für Schritt zu realisieren gewesen, durch den außerordentlichen Einsatz aller Beteiligten – und dazu zählen auch die vielen Kleinigkeiten am Rande, da, wo spontan gesagt wurde „ja, habe ich, können wir machen“ etc.

Letztlich zählt, was zustande kommt. Und dazu zählen auch Sie, liebe Gäste, die bereit sind, das Ganze jetzt mitzuerleben! Ein Erlebnis, das man mitteilt, wird weiter belebt durch die Phantasie und Gedankenwelt anderer Menschen. Austausch bereichert einen, macht ein persönliches Erlebnis zum Gegenstand allgemeiner Betrachtung – und das ist interessant und immer wieder überraschend.

 
 

Schauen als Wandern (man sagt ja auch: den Blick schweifen lassen), gesammelte Eindrücke rechts und links des Weges, nicht erst nach tausend Flugmeilen, nein, hier und da im Rhein-Ruhr-Gebiet, wo Natur, fast unter allen Umständen, noch hervorquillt, die Quelle unseres Lebens.

Norbert J.M. Dittmars Bilder, die er uns von seinen Ausflügen in der Natur mitgebracht hat, zeugen vom Umherwandern mit den Augen, zumal ihm durch seine Erkrankung die Möglichkeit genommen ist, größere Entfernungen zu Fuß zurückzulegen. Norbert J.M. Dittmar macht seine Entdeckungen „so weit das Auge reicht“ (und oft mit Hilfe der Zoom- Funktion seiner Kamera noch darüber hinaus), im Umkreis von manchmal nur 200m rund um`s Auto.

„Zoom-Funktion“...“Auto“...davon möchte man vielleicht im Zusammenhang mit „Naturerleben“ nicht unbedingt etwas hören. Tatsache ist aber, daß wir hier in der Region, auch mitten im schönsten Grün, stets eine Autobahn rauschen hören oder ein Handy in der Tasche haben! Umso spektakulärer sind Norbert J.M. Dittmars Bilder, weil sie eben hier aufgenommen wurden, in einer Gegend, die der Natur nur noch wenig Platz gelassen hat. Während jemand, mit der Nase fast am Boden, vielleicht gerade einen Salamander zwischen Steinen entdeckt und versucht, ihn recht ins Bild zu rücken, donnert ein Flugzeug über ihn hinweg und eine Weile später gibt es einen neuen Kondenzstreifen am Himmel. Es ist hier eben sehr wohl etwas Besonderes, überhaupt einen Sonnenaufgang und einen Sonnenuntergang zu Gesicht zu bekommen! (Oft genug bleibt es nur der Moment, leider in „falscher“ Richtung auf der Autobahn, wo wir mit einem Blick in den Rückspiegel bedauern, daß wir uns nicht in Ruhe dem großartigen Anblick der untergehenden Sonne hingeben können.)

Aber die Sehnsucht bleibt. Und es tut gut, es immer wieder und immer noch anzutreffen, dieses Leben, so ganz unabhängig von Maschinen und Elektronik. Momente eigenen Erlebens in der Natur, abseits der vielbefahrenen Straßen, zeitlich dem persönlichen Leben abgerungen, vor, nach oder zwischen den täglichen Verpflichtungen, um immer wieder zu erfahren: Es hat sich gelohnt, noch vor der Arbeit rausgefahren zu sein, um den Sonnenaufgang zu beobachten, trotz Erschöpfung nach der Arbeit runter zu fahren von der Autobahn, innezuhalte, um das Lichtspiel der Dämmerung und die besonderen Merkmale einer Jahreszeit wahrzunehmen.

Norbert J.M. Dittmars Fotos sind nicht die Aufnahmen eines gelernten Fotografen, sondern persönliche Notizen, Entdeckungen, Freude an Farben, Formen und dem Treiben der Natur. Es sind Erinnerungen an stille Entdeckungen vergangener Sommermonate.

 
 

Digitale Kameras sind hochentwickelte Werkzeuge, die mittlerweile jedem Laien ermöglichen, Bilder von überwältigender Schönheit herzustellen. Was bleibt, ist aber der persönliche Blick jedes Einzelnen auf die Welt. Norbert J.M. Dittmar hat dazu Einiges in Worte gefaßt (Anm.: liegt aus!) : Jedes Bild hatte seine Lebensumstände, ist unter bestimmten Umständen entstanden, ein vergänglicher Moment, und um ihn zu erhalten, ein wenig festzuhalten, muß man schon mal seine Frisur opfern oder Schuhe und Kleidung mit Erde in Berührung bringen!

Wir haben unsere Veranstaltung „Vom Schauen und Entdecken“ genannt. Schauen ist vielleicht auch: Träumen, Gedankenreise, Erinnerung, Anregung...

 
 

Die Natur-Fotos von Norbert J.M. Dittmar waren Inspiration für dieses Programm: seine persönlichen, leicht zu übersehenen Entdeckungen am Wegesrand. Er kann, durch seine Krankheit bedingt, nicht mehr „durch Feld und Wald“ schweifen und hat daher seinen Blick geschärft für seine unmittelbare Umgebung. Die Bilder sind alle in einem Sommer entstanden, daher der weitere Titel „Bilder eines Sommers“.

Es wird eine Bildfolge zu sehen sein, die einen mitnimmt auf eine Wanderung durch verschiedene Themen der Natur, wie Einzelblüten, Insekten, Holz, Wasser, Wolken, Sonne, skurrile Gebilde. Die Makrofotografie überrascht immer wieder das Auge.

 
 

Aus dieser Bildfolge ist nun wieder eine Gesamtkomposition entstanden: die Aufführung wird begleitet von eigens dazu geschriebenen Musiken, von fein abgestimmten Improvisationen, musikalisch eingesetzten Geräuschen verschiedener Materialien und kleinen Texten. Das Ganze folgt einem punktgenau ausgearbeitetem Konzept (Script) und wird zur Bildfolge, gemeinsam mit meiner Kollegin Petra Reichrath, aufgeführt. Wir agieren, umgeben von unserem Instrumentarium, in direktem Kontakt zu den jeweiligen Bildern, also vorne. Die Bilderschau folgt keinem mechanischem, vorher fixiertem Ablauf, sondern ist ein spontanes Reagieren auf Spannungsbögen, in direktem Kontakt mit den musikalische Aktionen. Es erfordert also vom „Mann an der Technik“ (hier von meinem Bruder Norbert J.M. Dittmar selbst übernommen) ein (musikalisches) Gefühl für diese Dinge. Er ist Mitagierender, Mitaufführender.

 
 

Wir gehen jetzt auf die dunklere Jahreszeit zu, es bleiben uns aber die Erinnerungen an die Sommertage – und innere Bilder leuchten stärker, wenn man die Augen schließt. Damit unsere Sommerbilder gleich schön leuchten, werden wir jetzt die Vorhänge hier im Raum zu ziehen.

 
 

( Aurelia M. Reuter )

 
 

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